11.07.2021

Mimimi ... Der hat aber auch ...

Seit der grünen Kanzlerkandidatin Baerbock so das eine oder andere größere "Missverständnis" öffentlich vorgehalten wird, flippen ihre Anhänger*innen komplett aus. Wie kann man es nur wagen, die große grüne Anführerin öffentlich zu kritisieren?

Nun, ich habe hier schon den eine*n oder andere*n Facebook-Freund*in verloren, weil ich es wagte, die Grünen mit der AfD zu vergleichen. Es ist schade, aber es ist auch immer wieder belustigend, dass "Vergleichen" immer mit "gleich" auf eine Stufe gestellt wird. Aber vergleichen heißt: Man stellt zwei Dinge gegenüber und stellt Gemeinsamkeiten oder Unterschiede fest. Belustigend ist auch, dass dies auch immer in der Behauptung endet, ich würde den Grünen ideologische Gemeinsamkeiten mit der AfD unterstellen.

Dem ist nicht so.

Parteiideologisch und in ihren Zielen könnten beide Parteien nicht unterschiedlicher sein und eines sei festgestellt: Das Menschen verachtende braune Parteikonzept der AfD ist in seiner Negativität nicht zu toppen. 

Aber das ist bei Vergleichen auch gar nicht immer das Thema. Dennoch gibt es doch auch erhebliche Gemeinsamkeiten. 

(1) Wer sich an die Gründungszeit der Grünen Anfang der 80er erinnert, wird feststellen, dass diese damals mindestens so ungeliebt ins politische Geschehen eintraten, wie 2013 die AfD. Auch die Grünen wurden seinerzeit als Störfaktor durch die etablierten Parteien wahrgenommen. Auch die Grünen waren ein Sammelbecken unterschiedlichster Menschen, die seinerzeit die Nase voll hatten von den etablierten Parteien.

(2) Wie auch bei den Grünen finden bei der AfD erhebliche und vor allem langanhaltende Flügelkämpfe zwischen Gemäßigten und "Fundamentalisten" statt. Das war schon fast der positive Teil.

Es gibt aber auch mindestens zwei Gemeinsamkeiten, die nicht so schön sind. 

(3) Erstens reagieren in beiden Gruppierungen die Anhänger*innen teils sehr unschön auf jegliche Kritik, zweitens agieren beide Spektren sehr polarisierend und beschwören Weltuntergangsszenarien unterschiedlicher Coleur herbei - auch stets unter Verwendung fragwürdiger Mittel.

(4) Eine weitere Gemeinsamkeit ist - das ist leider meine feste Überzeugung - dass in der Endkonsequenz die Ziele beider Gruppierungen nicht demokratisch, sondern nur autokratisch-diktatorisch umsetzbar sein werden - auf unterschiedliche Art sicherlich, aber eben nicht demokratisch.

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Ein gutes Beispiel für die grüne Seite des Punkt 3 ist der als Bild angehangene Tweet eines bekannten Journalisten. Der Tweet fällt unter die Rubrik "Mimimi ... guck mal, der hat aber auch ..." als Antwort auf die anhaltende Kritik gegenüber der grünen Kanzlerinnenkandidatin Baerbock: polarisierend und Realität verzerrend.

Richtig ist: Laschet hat ein Buch geschrieben.

Richtig ist: Für das Buch haben auch andere geschrieben.

Richtig ist: Laschet hatte mit dem Erlös aus dem Buch steuerliche Probleme.

Falsch ist: Es wird suggeriert, dass die Erlöse aus dem Buch auf Dienstkonten des Landes NRW geflossen sind, das Land den Erlös (4000 EURO) gespendet hätte, Laschet aber die Spendenquittung privat eingereicht und somit Steuerbetrug begangen hätte. DEM IST NICHT SO!

RICHTIG ist: Die Erlöse gingen auf Konten von Laschet ein. Laschet hat die Erlöse allerdings nicht als Einkommen in der Steuererklärung deklariert, jedoch die Spende in der Steuererklärung als Ausgabe angegeben, was natürlich unzulässig ist, denn nur was reingeht, kann auch wieder rausgeholt werden, was im Übrigen das grundlegende Problem von Geringverdienern ist, die aufgrund geringer Steuerlast in der Regel auf ihren berufsbedingten Kosten steuerlich sitzenbleiben.

RICHTIG ist: Laschet hat damit einen Fehler begangen, allerdings dürfte der damit erlangte steuerliche Vorteil marginal gewesen sein und ich persönlich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein Laschet seine Steuererklärung alleine macht. Er dürfte einen Steuerberater haben, dem das eigentlich hätte auffallen müssen.

RICHTIG ist: Der Fehler wurde ordnungsgemäß korrigiert und steuerlich nebst Zinsen nachberechnet, nachgezahlt und offensichtlich durch das Finanzamt NICHT als Steuervergehen/-straftat gewertet.

FALSCH ist die Suggestion, die seitens des Journalisten verbreitet wird, Laschet wäre ein Steuerstraftäter. Er bringt hier wissentlich den Begriff "dienstlich" in ein vollkommen falsches Licht. Dienstlich heißt eben nicht, wie er suggerieren möchte, dass das Geld auf Landeskonten dienstlich verbucht wurde und von dort gespendet wurde. Dieses müsste dann nämlich im Landeshaushalt erscheinen und der Landesrechnungshof hätte da die Aufsicht. Wäre das so geschehen, wie es der Journalist in der Twitter-Kurzfassung beschreibt, würde das nicht nur ein Steuervergehen darstellen, sondern den Straftatbestand der Unterschlagung erfüllen. Dienstlich bedingt - wie es selbst Laschet ausdrückt - heißt aber in dem Fall: Einnahme aus einer dienstlichen, beruflichen oder freiberuflichen Tätigkeit, sprich: Einkommen. Punkt. nicht mehr und nicht weniger.

Der Tweet hat binnen 10 Stunden über 11.000 Likes und knapp 3000 Retweets, mit anderen Worten: Diese Desinformation verbreitet sich schnell und nachhaltig und nur wenige, der rund 250 Kommentatoren widersprechen.

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