07.05.2023

Das Ende des Kapitalismus - Ein Resümee zu Ulrike Herrmanns Thesen

Darüber, dass wir etwas gegen die Erderwärmung tun müssen, sind wir uns im Allgemeinen einig. Zwar steht die Frage im Raum, ob es Sinn ergibt oder ob es eine bereits feststehende Sache ist, die nicht beeinflusst werden kann. Fest steht, die Erde macht letztendlich ihr eigenes Ding.
Dennoch: Versuchen kann man es.

Das ist das Eine.
Das Andere ist, dass es schon lange nicht mehr um die Abschwächung des Klimawandels und seiner Auswirkungen alleine geht, sondern um die Abschaffung unserer bisher geltenden Gesellschaftsordnung. Radikal vor Demokratie - so scheint der Plan. Jeder Angriff auf Vermögen scheint legitimiert, die Parole lautet: "Wir können uns Euren Reichtum nicht mehr leisten.".

Sicherlich: Es gibt ein paar Superreiche und ja, diese leben weitgehend auf Kosten des Restes der Weltgemeinschaft und ob die wirklich riesige Villen, Yachten, Flugzeuge etc. benötigen, sei dahin gestellt. Sicherlich nicht und in der Regel hält sich da bei uns auch das Mitleid in Grenzen.

Dennoch sollte sich jede und jeder von uns darüber im Klaren sein, dass es schon längst nicht mehr nur um die Superreichen geht. Es geht um uns. Es geht um uns alle. Was heute die Superreichen sind, sind morgen die Reichen und übermorgen wir, denn es geht um Vergesellschaftung, Kontingente und Rationierungen. Es geht um Enteignung und Zuteilung. Es geht darum, dass der Staat vorgibt, was produziert wird, was jeder besitzt, was und wieviel jeder konsumiert, isst und wie man wohnt.

Es geht um die Errichtung einer mehr oder weniger ökologisch ausgerichteten neokommunistischen oder gar neomaoistischen Gesellschaft und wer das nicht glaubt, kann sich gerne mal mit Ulrike Herrmann beschäftigen, einer TAZ-Journalistin, die gerade durch nahezu alle Talkshows vagabundiert - von Lanz bis zu Maischberger. Die Dame ist Mitglied von Bündnis90/Die Grünen (allerdings mit ruhender Mitgliedschaft) und hat gerade ein Buch herausgebracht mit dem Namen "Das Ende des Kapitalismus", in dem sie genau diese Thesen vertritt und als unumgänglich befürwortet.

Ihre Thesen basieren auf der Theorie einer schrumpfenden, allein am Klima ausgerichteten Wirtschaft. Sie beschreibt es selbst mit der Abschaffung des kapitalistischen Wachstums hin zu einer ökologischen Kreislaufwirtschaft. Allumfassendes Recycling, Neues nur als Ersatz für Bestehendes. So soll alles nach ihrer These auf die Energievorkommen ausgerichtet werden, die durch erneuerbare Energien geschaffen werden könnten und sie kommt dabei genau an dem Punkt an, der vom grünen Klientel eigentlich immer bestritten wird: Die mit erneuerbaren Energien geschaffenen Potentiale werden für den gesamten erforderlichen Bedarf nicht mehr ausreichen, weshalb die Wirtschaft drastisch schrumpfen muss und der Kapitalismus damit obsolet wäre. 

Wenn es also nach den Thesen von Ulrike Herrmann geht, würde der Staat vorgeben, was und wie viel produziert würde. Ebenso würde vom Staat Konsumgüter aller Art vom Möbelstück bis zum Schlüpfer rationiert, Energie (die ausschließlich nur noch über Strom vorhanden wäre) würde rationiert, aber auch Essen und Wohnraum. Private Autos werden verboten, genauso generell Flüge, aber auch das Bahn fahren würde drastisch eingeschränkt und rationiert. Fleisch würde es defacto nicht mehr geben.

Nun ist die Autorin aber immer noch der Ansicht, dass all dies mit demokratischen Mitteln zu regeln ginge und führt als Beispiel die britische Kriegswirtschaft von 1939 bis 1954 als adäquates Beispiel für eine zügige Transformation einer Wachstumswirtschaft in eine aus Rationierung ausgerichtete Planwirtschaft an.

Was sie schon einmal bei der Frage der demokratischen Umsetzung ihrer Thesen vergisst, ist die Tatsache, dass eben jene britische Kriegswirtschaft nicht auf demokratischer Basis funktionierte, sondern auf Basis des Kriegsrechts.

Was Frau Herrmann auch nicht anspricht, ist die Tatsache, dass einer drastischen Planwirtschaft ihrer Vorstellung, nicht nur Konsum, Wohnen und Mobilität der Planung und Rationierung anheim fallen, sondern die Arbeit selbst auch. So muss man sich selbst bei wohlwollender Interpretation ihrer Thesen darüber im Klaren sein, dass niemand mehr den Beruf ausüben wird, der in der Vorstellung gewünscht ist, denn wer was tun wird, wird auch der Staat entscheiden oder wer immer sich dann herausnimmt, diese Entscheidungen zu treffen. Der Banker von heute ist morgen Steckrübensetzer oder Schraubendreher in der vielleicht noch übriggebliebenen Industrie. Fakt ist, dass es keine Privatwirtschaft mehr geben wird, auch wenn Frau Herrmann meint, das wäre die Basis ihrer These: Eine Privatwirtschaft, welche die Planvorgaben des Staates erfüllt. Nur wird das nicht funktionieren, wenn man sich einmal vor Augen führt, was denn Menschen dazu bewegt, sich selbstständig zu machen. Man möchte am Ende mehr in der Kasse haben, als man ausgegeben hat, aber die Kasse selbst - sprich das Bankwesen - wird es auch nicht mehr geben.

Der nächste Unterschied zur Kriegswirtschaft ist die Tatsache, dass diese in der Regel zeitlich begrenzt und absehbar ist, während die geplante antikapitalistische wachstumsbeendende Transformation etwas Dauerhaftes, ja Ewiges werden soll.

Einen Aspekt spricht die Autorin zumindest in ihren Leserunden und in den Talkshow überhaupt nicht an: Die vollständige Enteignung der Menschen. 
Damit ihre These funktioniert, muss es neben der Transformation des Wachstumssystems des Kapitalismus zur Kreislaufwirtschaft eine vollständige Enteignung mit einer kompletten Neuverteilung des Besitzes geben und zwar nicht nur bei den Superreichen und Reichen, sondern bis runter zum Ärmsten und das heruntergebrochen bis zur Tasse oder Löffel und Gabel, denn damit diese These überhaupt funktionieren könnte, sind identische Ausgangsbedingungen für alle erforderlich. Man muss das Volk auf Null setzen. Reboot. Nach dem Schrumpfen kommt die Stagnation. Wachstum oder vielmehr Fortschritt gibt es nur noch, wenn eine weitere klimaneutrale Energieressource aufgetan würde, die es den Menschen erlaubt, wieder mehr zu konsumieren.

Das Problem ist, dass es durch diese gesellschaftliche und wirtschaftliche Stagnation keinen Fortschritt mehr geben wird, zum Einen, weil für Forschung und Entwicklung keine energetischen Ressourcen zur Verfügung stehen werden und zum Anderen, weil Stagnation eine stetige Lethargie hervorruft. Wenn der Mensch nichts mehr davon hat, dass er denkt und entwickelt, weil es sich für ihn nicht mehr lohnt, dann wird es das auch nicht mehr geben. Unter dem Strich reicht dann auch eine Grundbildung, bildungsformen wie Abitur oder Studium sind nicht mehr erforderlich. Wozu soll der Mensch dann noch lernen?

Fakt ist: Es wird kein schönes Leben. Das, was uns heute auszeichnet, wird es dann nicht mehr geben. Die Völker werden wieder unter sich bleiben, denn Flüge und Reisen wird es nicht mehr geben. Jeder hat das Gleiche, wohin man auch geht. Der Staat oder eine Ökooligarchie bestimmt, was geht anhand von eher fragwürdigen Zahlen und Werten. Es steht uns, verwirklicht man diese Thesen (und Ulrike Herrmann ist ja nicht die Einzige), ein Leben ohne Anreiz und Selbstbestimmung bevor und das ist noch gefährlicher als der Klimawandel. Stagnation fördert Frust und Frust ist für eine Gesellschaft immer gefährlich.

Das Problem heute ist, dass Ulrike Herrmann ihre Thesen überall nahezu unhinterfragt verbreiten kann, was eigentlich vermuten lässt, dass zumindest die Grundidee in der Gesellschaft schon Fuß gefasst hat. Es ist schon sehr bedenklich, dass man offensichtlich kein Problem damit hat, freiheitliche Grundwerte nahezu komplett aufzugeben, um eine Sache verhindern zu wollen, wo niemand wirklich weiß, ob es überhaupt zu verhindern geht oder ob die panikbasierten Modellrechnungen, die man uns immer so nett präsentiert überhaupt zutreffend sind. 

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