16.10.2017

Überhangmandate - Ein Versuch, Blödsinn einfach zu erklären

Überhangmandate sind im deutschen Wahlrecht die wohl am schwierigsten zu erklärende Farce, die letztendlich durchaus zur einer Verschiebung des Wahlergebnisses und einer Abweisung des tatsächlichen Wählerwillens führen kann.

Ein Versuch der Erklärung auf Bundesebene.
In Deutschland gibt es 299 Wahlkreise und zwei Stimmen pro Wähler. Eine Stimme ist für den namentlich benannten Direktkandidaten. Dieser muss nicht zwingend einer Partei angehören, sofern er vorab die erforderlichen Unterstützerstimmen im Wahlkreis erhält.

Die zweite Stimme ist für die Parteilisten. Hier wird die Partei gewählt. auch hier sind - per Liste - Kandidaten benannt, die in der Reihenfolge des Listenplatzes antreten.

Nun sollte man meinen, dass dies im Ergebnis 598 Sitze ergibt, also jeweils der Direktkandidat und der Listenerste der Partei ins Parlament kommt, die des jeweiligen Wahlkreis gewonnen hat. Grundsätzlich ist dies auch so, aber nur als Mindestzahl.

Jetzt passiert z.B. folgendes:
Ein Direktkandidat der SPD gewinnt seinen Wahlkreis (Erststimme). Die CDU allerdings gewinnt in diesem Wahlkreis die Listenwahl als Partei (Zweitstimme). Damit ist ein Überhangmandat für die SPD entstanden, denn sie erhält für diese Differenz einen zusätzlichen Platz im Parlament. So war es bis 2012, dann wurde dieses Verfahren durch das BVerfG gekippt und als verfassungswidrig erklärt, weil es zu einer deutlichen Verschiebung des Wahlergebnis führte. Denn bis dahin bedeutete dies, dass die SPD zwei Plätze bekam, obwohl ihr nur einer zustand. Es wurden also Ausgleichsmandate eingeführt. Im obigen Beispiel erhält nunmehr die CDU ebenso einen weiteren Platz im Bundestag, damit sie nicht benachteiligt ist und der tatsächliche Wählerwillen sich im Wahlergebnis halbwegs wiederfindet. Das Beispiel ist jetzt an einem Wahlkreis beschrieben, die Berechnung erfolgt allerdings in der Summe aller Wahlkreise.

Dieses Prozedere führt zu einer immensen Aufblähung des Bundestages, aktuell zu vermutlich 111 überzähligen Mandaten. Ein großer Sieger dieses Verfahrens ist im Übrigen die AfD, weil bei ihr etliche regionale Direktkandidaten den Einzug ins Parlament schafften, während die Partei selbst weniger Wahlkreise durch die Zweitstimme errungen hat.

Es stellt sich die Frage, in wie weit Überhangmandate und damit auch Ausgleichsmandate überhaupt erforderlich und sinnvoll sind. 

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