23.04.2023

Letzte Generation: Der Schrei nach Liebe

Wir merken alle, daß wir mit dem Klima ein Problem haben. Oftmals Streitpunkt ist dabei, ob der sogenannte Klimawandel von Menschenhand gemacht ist oder nicht. Einigen wir uns vielleicht erst einmal darauf, daß wir es mit zwei Komponenten zu tun haben und daß neben dem von uns gemachten Klimawandel auch durchaus natürliche Komponenten in Betracht gezogen werden müssen, die wir schwerlich beeinflussen können. Tatsache ist dennoch in der Summe: Unschuldig sind wir Menschen nicht.

Klimawandel gab es schon vor Milliarden von Jahren und die Erde ist gut vier Milliarden Jahre alt. Diverse Klimawandel haben seit dieser Zeit Leben geschaffen, aber auch Existenzen wieder beendet. Fakt ist, daß es diese Klimaänderungen waren, die erst das Leben auf der Erde generell und unsere menschliche Existenz im Speziellen möglich machten.

Hier, an dieser Stelle, muß man sich eigentlich erst einmal mit Begriffen wie Eiszeit oder Kältezeit befassen. 

Fälschlicherweise bezeichnet man immer die Zeit vor rund 20.000 Jahren als Eiszeit, tatsächlich befinden wir uns heute noch in der Eiszeit, denn als Eiszeit gilt die Zeit, in der mindestens ein Pol vergletschert ist und das ist derzeit bei beiden Polen der Fall. Wir leben derzeit in einer interglazialen Warmzeit innerhalb des Eiszeitalters und das seit mehr als 10.000 Jahren, in denen auch ohne unser Zutun regelmäßig klimatische Wandel erfolgten. 

Nun muß man ernsthaft gestehen, daß die Menschheit in den letzten 2000 Jahren reichlich Schindluder mit der Erde und der Natur getrieben hat. Unsere Intelligenz war gleichzeitig auch unsere Dummheit. War vor 2000 und mehr Jahren die Erde noch weitgehend bewaldet, so ist das heute nur noch zu rund 31 Prozent der Fall. Inseln wie Irland oder Großbritannien zum Beispiel bedeckten einst weite dichte Wälder, heute kann man dort die Wälder suchen. Sie wurden abgeholzt für Ackerland und Weideflächen, aber auch als Ressource für den Bau, als Energiequelle und vieles mehr. Den Fehler begehen wir bis heute, zum Beispiel in den Regenwäldern. So verschwinden pro Minute knapp 40 Fußballfelder Regenwald, was rund 42000 Hektar pro Tag entspricht.  Aufforstung geschieht in der Regel unter rein wirtschaftlichen Aspekten. 

Wälder müssen nutzbar sein, allerdings sind die Baumarten, die für uns den Nutzwald darstellen, in der Regel nicht die Sorten, welche die Natur im Sinne des Klimaschutzes benötigt. Das Klima benötigt großblättrige Pflanzen und Bäume, um mittels Photosynthese Kohlendioxid (CO²) in Sauerstoff (O) umzuwandeln. Eine ausgewachsene Buche kann pro Jahr 12 kg CO² absorbieren. Damit eine Buche also eine Tonne CO² bindet und umwandelt, muß sie rund 100 Jahre alt werden. Tote und gefällte Bäume geben im Übrigen das gebundene Kohlendioxid wieder ab. Um also Bäume wirtschaftlich nutzen zu können, benötigen wir theoretisch für jeder abgeholzten Baum mindestens zwei neue Bäume. Warum? Ein Baum, der das freigesetzte CO² des gefällten oder toten Baumes kompensiert und ein Baum, der die Arbeit des gefällten oder toten Baumes übernimmt. Damit wäre man aber nur in Parität. Will man jedoch darüber hinaus CO² binden, benötigt man mehr als zwei Bäume Ersatz, je mehr um so besser.

Zurück zum eigentlichen Thema: Die letzte Generation (LG).

Grundsätzlich haben sie nicht unrecht, wenn die Aktivisten der LG mehr Aktionismus in Sachen Umwelt- und Klimaschutz einfordern – von uns, der Gesellschaft und natürlich auch von der Politik. Wenn der Mensch etwas gut kann, dann ist es das Ignorieren und das Aussitzen von Problemen.

Das Problem ist die Glaubwürdigkeit der LG. Sie kommen eher als verwirrte und hochgradig aggressive Weltuntergangssekte in der Gesellschaft an, die nur darauf aus ist, mit nervenden und nötigenden Aktionen ihre Religion unter das Volk zu bringen. Sie benehmen sich wie evangelikale Gruppierungen, die in den USA vor Abtreibungskliniken hysterisch demonstrieren und Frauen daran hindern, in diese hineinzugehen. Eine Argumentation wird immer dann unglaubwürdig, wenn sie von Hysterie und Fundamentalismus getragen wird und Fundamentalismus läßt nie die offene Diskussion als adäquates demokratisches Mittel der Auseinandersetzung zu.

Die Aktivisten der LG haben alles einstudiert. In Talkshows, Interviews oder eigenen Videostatements der Aktivisten werden stets und ausschließlich die gleichen Dinge gesagt, Abweichungen gibt es kaum und somit auf konkrete Fragen keine Antworten. Es ist ein nahezu religiöser Sermon, der preisgegeben wird – Hinterfragen unerwünscht. Lieblingssatz:

„Wir sitzen hier, weil wir die letzte Generation vor den Kipppunkten sind.“

Danach werden meist die Kinder aktiviert, die künftig in einer ganz schlimmen Welt aufwachsen werden und nahezu hysterisch wirkende Mütter kommen zu Wort. Es sind immer die gleichen Abläufe.

Die Ziele der LG wirken bis dato einfach und überschaubar. Es begann vor ca. drei Jahren mit Klebeaktionen gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln. Sicherlich auch ein brauchbares Ziel, von dem kamen sie dann aber recht zügig wieder ab. Danach ging es direkt in die klimapolitischen Themen und seit gut einem Jahr gibt es in der Summe nur zwei Forderungen:

1. Die dauerhafte Einführung des Neun-Euro-Tickets;

2. Einführung eine Tempolimits von 100 km/h auf deutschen Autobahnen.

Beide Forderungen bringen nun die Welt nicht aus dem Konzept und haben auch sicherlich ihre Berechtigung. 

Niemand muß mit 200 km/h oder mehr über die Autobahn feuern und tatsächlich: In anderen anderen Staaten der Welt funktioniert es mit dem Tempolimit auch. Eigentlich besteht die akute Frage nur darin, wo das Tempolimit angesiedelt wird. Das es mittelfristig kommen wird, ist eigentlich klar. Die Frage letztendlich ist, ob wir uns mit den von LG geforderten 100 km/h defacto lahmlegen lassen, oder ob wir nicht wenigstens auf mindestens 130 km/h oder besser 140 km/h wie in Polen gehen. Der Unterschied zu Tempo 100 im CO²-Ausstoß ist so gering, daß er durch den höheren Zeitraum auf einer Strecke ad absurdum geführt würde.

Das Neun-Euro-Ticket hingegen ist nicht finanzierbar. Noch nicht. Eingeführt wird hingegen bundesweit das 49-Euro-Ticket mit bundesweiter Gültigkeit und das kostet (dafür, daß es bundesweit gilt) nur halb oder zwei Drittel so viel, wie eine regional begrenzte Monatskarte.

Bei der Forderung nach einem bundesweit gültigem 9-Euro-Ticket vergißt LG regelmäßig, daß sich der ÖPNV generell im kostenintensiven Wandel befindet. Ausbau und Flottenumstellung auf CO²-neutrale Fahrzeuge kosten die einzelnen Verkehrsgesellschaften und Verkehrsverbünde viel Geld, Innovationen und Investitionen, sollen sie mittelfristig zumindest einen meßbaren Teil des individuellen Personenkraftverkehrs ersetzen. Die Betriebe müssen zudem Löhne bezahlen, Fahrzeuge und Strecken warten, Störungen beseitigen und werden dabei noch von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden mit Steuergeldern bezuschußt, weil die Finanzen im Vergleich zu den anstehenden Aufgaben und Anforderungen hinten und vorne nicht reichen und daß bei dem derzeitigen Level des Ausbaus.

Gut gemeint, zu kurz gedacht.

Die neueste Forderung der LG-Aktivisten ist die Forderung nach der Einrichtung eines sogenannten Gesellschaftsrates, als Bestandteil der Gesetzgebung.

Dieser soll aus Wissenschaftlern und Experten so wie aus Bürgern bestehen. Die Bürger würden durch ein Losverfahren bestimmt. Die Beschlüsse des Gesellschaftsrates sollen dann, so das Ansinnen der LG, gesetzlich verpflichtend eins zu eins durch die Regierung umgesetzt werden. Die Zustimmung des Bundestages wäre verpflichtend, sprich: Eine parlamentarische u.a. kritische Erarbeitung der Gesetzentwürfe soll es nicht wirklich geben. Der Gesellschaftrat sagt an, das Parlament winkt durch, die Regierung setzt um. Auch wenn die Sache mit dem Gesellschaftsrat so erst einmal nach außen demokratisch erscheint, wird hier dennoch die im Grundgesetz verankerte parlamentarische Demokratie angegriffen, frei nach dem Motto: Entscheidet Ihr nicht so, wie wir wollen, dann wird Euch eben das Entscheidungsrecht entzogen. 

Die LG stellt zu dem nicht klar, wie die Experten und Wissenschaftler ausgesucht werden, die den Gesellschaftsrat mit ihrer Person und Expertise befüllen sollen. Wie wird sichergestellt, daß allein in diesem Personenkreis ein am Ende ausgewogenes paritätisches Ergebnis möglich ist? Wie kann in der Aufarbeitung das Pro und Contra Gewicht und Einzug finden?

Auch bei dem Losverfahren bezüglich der Bürgerbeteiligung stellt LG klar, daß zwar gelost, aber dennoch offensichtlich ausgesucht wird.

Zitat:

Der von uns geforderte Gesellschaftsrat baut auf dem Instrument des Bürger:innenrates auf. Er setzt sich zusammen aus zufällig gelosten Menschen, die die Bevölkerung Deutschlands nach Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildungsabschluß und Migrationshintergrund bestmöglich abbilden. 

(Quelle: http://www.letztegeneration.de/gesellschaftsrat)

Die genannten Kriterien zeigen deutlich, daß hier doch eine gezielte Auswahl erfolgen soll, zu der im Übrigen Erhebungen notwendig sind, die weit über die Wähler- und Personenstandsdaten hinausgehen. Es wird also nicht, wie behauptet, ein Schnitt des Bürgerspektrums gesucht, sondern es ist klar eine Auswahl angedacht, die am gewünschten Ziel orientiert.

Eine weitere Frage, die sich im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gesellschaftsrates ergibt, ist eben auch jene nach der Kontrolle desselben. Da der Gesellschaftsrat defacto außerparlamentarisch und dem Parlament übergeordnet agieren soll, kommt eine parlamentarische Kontrolle schon einmal nicht in Frage. Wem also legt der Gesellschaftsrat über sein Handeln und Tun und seine Ausgaben Rechenschaft ab?

Auch hierzu findet sich nichts auf der oben als Quelle angeführten Webseite der LG.

Die Webseite sagt eigentlich nur eines: Ihr entscheidet nicht so, wie wir es wollen, also werden wir Euch entmachten.

Mit anderen Worten und stark vereinfacht findet hier ein massiver Angriff auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und unsere parlamentarische Demokratie statt, in der das Parlament als Legislative die alleinig gesetzgebende Institution ist.

Ein weiterer Angriff erfolgt auf unsere Gesellschaftsordnung. Nun kann man über Kapitalismus und Marktwirtschaft denken, was man will, aber es ist immer noch die Gesellschaftsform, in der jeder zumindest die theoretische Möglichkeit hat, sich frei zu entfalten und das Leben außerhalb politischer Indoktrination und Zwänge frei zu gestalten. Sicherlich gibt es auch hier erhebliche Defizite und es ist nicht alles Gold, was glänzt. Dennoch: Im Gegensatz zu kommunistischen, sozialistischen, maoistischen oder nationalsozialistischen planwirtschaftlich orientierten Diktaturen, ist der Kapitalismus eine vergleichsweise freie Gesellschaftsordnung.

Ziel der LG, erst am 22. April 2023 durch Angriffe auf Nobelboutiquen kundgetan, ist die Enteignung der vermeintlich Reichen unter dem Motto „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“.

Nun ist es seit Tausenden von Jahren gesellschaftliche Tradition, sich Menschen und ganze Menschengruppen auszusuchen, denen man die Verantwortung für alles Elend, Unwetter, Dürren, Katastrophen und die eigenen Unzulänglichkeiten geben kann. Auch hier bewegt die LG ganz im Duktus pseudoreligiöser Eiferer. 

Warum sind Menschen reich? In der Regel sind die reichen Menschen pfiffiger als andere. Pfiffiger, nicht intelligenter. Die einen hatten Ideen, die sie gewinnbringend auf den Markt brachten, die anderen wissen, wie man sich das Bankwesen vorteilhaft zunutze macht und dann gibt es noch die, die sich einfach reichgeerbt haben, weil sie pfiffige Eltern hatten. Reiche haben sich schon immer Neid und Zorn derer eingehandelt, die weniger hatten. Während der französischen Revolution rollten gar die Köpfe, geholfen hat es aber nichts.

Aber natürlich kann man über den Reichtum anderer immer trefflich philosophieren, aber dabei sollte man eines nicht vergessen: Reiche bringen auch Arbeit und damit Lebensunterhalt für andere Menschen. 

Braucht ein Reicher einen Learjet? Nein, sicherlich nicht. Braucht ein russischer Oligarch eine Megayacht? Nein, braucht er nicht. 

Andererseits: Brauche ich einen PC, einen Laptop und ein Tablet? Nein, brauche ich nicht. Aber ich interessiere mich dafür, ich habe jeweils unterschiedliche Verwendungszwecke und ich konnte es mir nach Jahren der Enthaltsamkeit leisten. Ich konnte zudem problemlos in den letzten Jahren ein paar Tausender auf die hohe Kante sparen. 

Bin ich reich? Ansichtssache. Ich kann mir derzeit allein über meinen Lohn Dinge leisten, die ich mir vor Jahren noch nicht leisten konnte. Mit der monetären Leistungssteigerung bin ich auch ein Stück weit freier geworden. Bin ich neidisch auf Megareiche? Nein, nicht wirklich, wobei mich so ein nettes 500-Quadratmeter-Haus mit Meerblick schon reizen würde, wenn auch nicht aus monetären Gründen, sondern eher, weil ich mich für Architektur interessiere.

Und genau hier kommen wir zu dem Punkt, wo den Reichen vorgeworfen wird, sie würden auf Kosten der Gesellschaft leben – insbesondere im Bereich der CO²-Emissionen. Sicherlich spielen hier Learjet und Yacht eine Rolle, aber was die Gebäude anbelangt, sind die Reichen oftmals Vorreiter in Fragen modernen Technologien, schon weil sie den oftmals den Anspruch haben, technologisch auf dem neuesten Stand zu sein.

Die Reichen fördern die Entwicklung neuer Technologien. Wieviel Geld würden z.B. Universitäten weltweit verlieren, wenn es keine reichen Mäzene mehr gebe? Wieviel weniger begüterte Studierende müßten auf Stipendien verzichten und könnten somit gar nicht studieren? Wieviel Bildungsprojekte in Drittweltländern müßten aufgegeben werden, wenn es keine reichen Förderer mehr gäbe?

Hier zu sagen, wir können uns keine Reichen mehr leisten, ist dann doch etwas zu kurz gedacht.

Was ist also reich? Wo fängt reich an und wo hört es auf? Heute sind es die Milliardäre, morgen sind es die Millionäre und übermorgen werden die enteignet, die sich ein paar Tausender von ihrem Lohn angespart haben. Alle Grenzen sind nach unten offen und genau das ist in der Summe das ideologische Problem, daß hinter dem Neid steckt.

Der große Traum, all derer, die diese Neiddebatte führen und stetig aufrechterhalten, daß es kein Reichen mehr gäbe und daß alle das Gleiche besitzen würden, kann und wird nie verwirklicht werden können. Es wird immer Menschen geben die mehr haben als andere. Diese Neiddebatte basiert auf einem Irrglauben. Das macht die Neiddebatte und die dazugehörigen Handlungen zu einem propagandistischen Fehltritt. Derartige Ideen enden stets in Diktatur und Unfreiheit und das kann nicht Ziel der Menschheit sein.

Es stellt sich also die Frage, wohin die Reise der LG geht. Selbst die Frage, was passieren würde, wenn alle Forderungen eins zu eins erfüllt würden, bleibt seitens LG unbeantwortet.

Zum Abschluß kommen wir noch auf das Selbstverständnis der LG, stets friedlichen gewaltfreien Protest auszuüben. Ist dem so? Einfache Antwort: NEIN!

Sicherlich üben sie derzeit keine körperliche Gewalt aus, aber dennoch wird ihnen regelmäßig von den Gerichten der Straftatbestand der Nötigung etc. ins Tagebuch geschrieben. Nötigung ist eine Handlungsform der Gewalt. Auch Sachbeschädigungen sind eine Handlungsform der Gewalt. Die LG agiert somit alles andere als gewaltfrei. 

Zudem sind sie extremistisch und fundamentalistisch, weil sie neben ihren eigenen Pseudoargumenten keine anderen Argumente zulassen. Eine Kompromissbereitschaft gibt es nicht. Sie beanspruchen ihre Sicht der Dinge als Alleinstellungsmerkmal und das macht sie mehr als gefährlich.

Dabei stört es sie auch reichlich wenig, daß sie als Gruppe im Handeln und Tun von rund 90 Prozent der Gesellschaft abgelehnt werden. Sie, die 10 Prozent (inkl. Unterstützende) sind im Recht und die ablehnenden 90 Prozent im Unrecht und damit sehen sie auch keine Veranlassung, ihr Handeln zu überdenken. 

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