16.07.2016

Zum Putschversuch in der Türkei - Eine Statement

Misslungener Putsch in der Türkei.
Plötzlich stellen sich alle hinter einen Despoten und solidarisieren sich mit ihm. Verlogener geht es dann doch nicht. Ein Statement.

Wir haben es bei Erdogan mit einem Despoten zu tun, der seit Jahren die Demokratie und Religionsfreiheit in seinem Land mit Füßen tritt. Ebenso legitim gewählte Abgeordnete werden entimmunisiert, verhaftet, drangsaliert. Die Medienfreiheit ist nicht mehr gegeben. Menschen mit anderer politischer Meinung, insbesondere einer demokratisch-freiheitlichen, werden massiv verfolgt und in Pseudoprozessen weggesperrt. Da sind auch Freunde von mir dabei. Demos werden brutal zusammengeknüppelt, die korrupten Verfilzungen der Erdogan-Familie sind legendär. Polizei und Justiz sowie erhebliche Teile des Militärs wurden schon vor geraumer Zeit im Sinne Erdogans von unliebsamen Personen gesäubert, vor kurzem waren die Universitäten dran. Von den Verwicklungen in Waffenhandel mit dem IS und illegalen Ölkäufen, wie von türkischen Journalisten aufgedeckt, rede ich gar nicht erst. Der Mensch verfolgt politische Gegner bis nach Deutschland und schreckt auch nicht davor zurück, uns hier Vorschriften zu machen, was wir in Sachen Satire dürfen und was nicht.
Besonderen Schutz demokratischer Länder sollte er also nicht geniessen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die letzten Wahlen wohl eher eine Farce waren.

Ja, Erdogan wurde einst demokratisch gewählt. Das wurde Hitler seinerzeit im Jahre 1930 auch. Die NSDAP war da die stärkste Fraktion. Dennoch war der 20. Juli 1944 ein legitimer Putschversuch, eben weil Hitler ein Despot war, und Stauffenberg wird heute als der Widerständler schlechthin gefeiert, während über andere Attentäter meist zu Unrecht geschwiegen wird. Viele Diktatoren wurden einmal legitim gewählt, z.B. auch Mussolini.

Wenn unsere Politiker heute laut tönen, einen Typen wie Erdogan kann man nur an der Wahlurne "wegputschen" und besiegen, dann sind sie entweder von massiver Einfältigkeit befallen und haben aus der Entstehung von Diktaturen des letzten Jahrhunderts nichts gelernt oder es sind politische Heuchler - oder beides.
Ist es diesen Politikern tatsächlich entgangen, dass es keine demokratischen freien Wahlen in der Türkei mehr geben wird? Erdogan wird diesen Putschversuch nutzen, sich schnellstmöglich zum Alleinherrscher küren zu lassen und dann, Freunde, dann ist es zu spät, sich über Demokratie in der Türkei Gedanken zu machen.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, diese Sache zu bewerten:
Entweder war der Putschversuch das letzte Aufbegehren demokratischer Kräfte mit Hilfe von Teilen des Militärs, die demokratischen Strukturen des Landes zu erhalten oder der Putsch war fingiert, um Erdogan den Weg für Schlimmeres zu bereiten. Hier sollte man sich insbesondere die Frage stellen, warum Erdogan oder Yildrim nicht als erstes festgesetzt wurden, sondern das Parlament angegriffen wurde. War das Dummheit der Putschisten oder Taktik?

Sicherlich:
Ein Militärputsch ist immer eine schlechte Wahl, darüber kann man sich wohl einig sein. Dennoch kann es tatsächlich die Wahl des letzten Mittels sein, um Schlimmeres zu verhindern und ja, auch um demokratische Strukturen zu erhalten, wenn der Despot bereits in seinem Tun so erfolgreich war, dass kaum noch legitime andere Mittel bleiben.

Erdogan und Yildrim schwadronieren von der Wiedereinführung der Todesstrafe - keine gute Option für politische Gegner Erdogans. Auch draüber sollte man nachdenken, bevor man wider besseren Wissens diesen gefährlichen Despoten weiter unterstützt, nur damit er uns die Flüchtlinge vom Hals hält. Solidarität kann an manchen Stellen gefährlich und falsch sein.

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